Auch drei Wochen nach meinem Praktikum, kann ich nicht ohne ein Schmunzeln und den aufkommenden Wunsch, sofort wieder ins Flugzeug zu steigen, an meine Zeit an der kleinen Schule zurückdenken, die für mich persönlich einen riesigen Unterschied machte.
Direkt aus dem Lockdown im eiskalten Deutschland, führte Gott mich durch mysteriöse Umstände in ein Dorf stets offener Türen, nennenswerter einzigartiger Straßenkrater, unglaublich warmer Herzen, mittäglich und auch abendlich heißer Grillkohlen und besonders liebenswerter wissbegieriger Kinder.
Täglich durfte ich staunen, wie deutsch und doch anders eine Kultur und ein Glaube so traditionell und doch unglaublich lebendig, gelebt werden kann. Angefangen mit dem Sport- und Religionsunterricht am frühen (!) Morgen wird von den Kindern schon so einiges abverlangt – oder sollte ich lieber schreiben: werden sie für ihr Leben geistlich sowie körperlich mit einem Bewusstsein, einer Ausdauer und Wissbegierde ausgestattet, was ihnen niemand mehr nehmen kann.
Während es in meinem Bundesland, dem (wahrscheinlich nicht in eurem Verständnis) ländlichen Mecklenburg-Vorpommern, eine seltene Freude ist, auf einen Christen zu treffen, genoss ich es sehr, so viele gläubige Menschen kennenzulernen. Ich nehme es zuallererst als unglaublichen Segen wahr, dass die Kinder an christlichen Werten orientiert und mit einem selbstverständlichen tiefen Gottvertrauen aufwachsen dürfen. Gestutzt habe ich dennoch, als ich in einer Klasse „Nicht-Christen“ erwähnte und daraufhin ungläubige Blicke, offene Münder sowie die Fragen erntete, wie es überhaupt geht, nicht an Gott glauben zu können und ob sie dann halt auch immer ganz viele Menschen umbringen würden. Da verschlug es mir wiederum die Sprache.
Seit dem ersten Tag meiner 4 Wochen in Lüneburg, frage ich mich, wie es möglich ist, dass die Kinder so diszipliniert und trotzdem lebensfroh sind. Das muss aus einer Erziehung mit einem unheimlich gesunden Verhältnis von Liebe und Strenge resultieren. So viel Respekt habe ich bisher nur von Angst motiviert und damit ohne Wissbegierde und Freude erlebt. Werteorientierung, Grenzen, bedingungslose Liebe, Gebet…? Oder braucht es dazu zwingend das gute Essen und die Sonne Afrikas? Wenn ihr bereit seid, das Geheimrezept zu teilen, meldet euch bitte umgehend bei mir (lenamariavichel@web.de), damit ich es anwenden und in diesem Land propagieren kann. Wir haben es wirklich dringend nötig.
In der Schule wie auch im Schülerheim bereitete mir das gemeinsame Lernen und Leben unglaublich große Freude. Sei es die Thematisierung der Zeit in der 4. Klasse so halb auf Afrikaans, die Auseinandersetzung mit den Geschehnissen des 2. Weltkriegs oder die Dramen „[Der] Wilden Hühner“ mit den Großen, das Malfolgen-Abfragen beim endlosen Handdesinfetktionsmittel-sprühen, Der-die-oder-das-Fragen beantworten, lekker Fußballspielen, besondere Murmeln-bewundern, Brotschmieren, Bovril probieren, ja und sogar das gemeinsame Helene Fischer-Songs singen (in Deutschland nicht sehr beliebt) – nichts davon möchte ich missen.
Herzliche Grüße auch besonders an alle Kinder und an meine liebste aller 4. Klassen:
Ich bilde mir wahrscheinlich nicht nur ein, euer immer noch tägliches „Gu-ten Mor-gen Frau Jo-han-nes und Frau Vi-chel“ kurz nach sieben bis zur Ostsee zu hören? „Guten Morgen Klasse 4!“
Liebe Lüneburger, es wäre mir eine Ehre, die erlebte Gast-freundschaft zu erwidern und euch in Deutschland willkommen zu heißen. Bitte zögert nicht, Kontakt her-zustellen.
Lena Vichel